Vor einigen Jahren hat das geheimnisvolle "Im-Hier-und-Jetzt" aus ursprünglich eher spirituellen Kreisen den Weg in gefühlt sämtliche Annabelles, Schweizer Illustrierte, Galas und Glücksposts gefunden und wird seither als der "Magic Key" für wahrhaftige Zufriedenheit und innere Ausgeglichenheit zelebriert.
Ich war bereits lange Zeit vor unserer Reise immer wieder auf der Suche nach diesen Momenten, versuchte im hektischen, überladenen Alltag zumindest zwischendurch im Hier und Jetzt zu sein und war auch überzeugt, dass wir das Leben in seiner Fülle zu spüren bekommen wenn wir wirklich ganz da und ganz bei der Sache sind.
Trotz aller Bemühungen ertappte ich mich allerdings fast permanent beim multitasken. Auch wenn diese Eigenschaft nach wie vor von manchen Seiten hochgelobt wird, müssen wir ehrlich zugeben, dass wir nie fähig sein werden, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Jedenfalls nicht in guter Qualität und ohne das befriedigende Gefühl, das nur ausgelöst wird wenn man zu hundert Prozent bei der einen und nur bei dieser einen Sache ist.
Nun, ich tröstete mich damals mit dem Gedanken,
dass ich mit dem Bewusstsein über das ständige (in meinen Augen ungesunde) multitasken zumindest einen ersten Schritt geschafft hatte - auch wenn ich es trotzdem nicht sein liess.
In diesen Tagen dachte ich beim Gehen wieder einmal über das Hier und Jetzt nach. Grundsätzlich sollte es doch bei unserer aktuellen Lebensweise ein Kinderspiel sein, vollkommen im Moment aufzugehen. Ohne Alltagsstress, ohne übermässige Verantwortlichkeiten, einfach nur gehen und den Schritten die vollständige Aufmerksamkeit schenken.
Wow, ich war überrascht wie wenig es mir tatsächlich selbst in dieser Einfachheit gelingt. Nur gerade während der formalen Sitz- oder Geh-Meditation. Ansonsten ertappe ich meinen Geist dauernd beim Grübeln über alles mögliche. Werden wir einen guten Schlafplatz finden? Wie viele Kilometer sind es noch? Wann kann ich meine schmerzenden Füsse hochlegen? Finden wir Wasser? Wie geht's wohl dem Strassenhund von gestern?
Meistens ganz simple Gedanken, die aber immerzu dafür sorgen, dass ich entweder in der Vergangenheit oder in der Zukunft bin. Zielführend sind diese Gedanken nie. Sie sorgen höchstens dafür, dass ich enorm viel um mich herum verpasse.
Bemühe ich mich ganz bewusst, während des Gehens nur den Moment wahrzunehmen - das Vogelgezwitscher, die weghuschenden Echsen, die lachenden Gesichter wenn man den Georgiern ein herzliches "gamarjoba" zuruft, die Gerüche, die Farben, das Abrollen der Füsse - öffnet sich etwas in mir. Die Füsse schmerzen immer noch und die Ungewissheit eines Zeltplatzes mit Wasser besteht nach wie vor, doch in diesem Moment fühle ich mich dennoch federleicht. Einfach nur weil ich ganz da bin, diesen einen Moment, der in Sekundenschnelle wieder vorbei ist, wahrnehme und dadurch das Leben in seiner Gänze respektiere und schätze.
Auch wenn es für euch, die sich im Arbeitsalltag mit all den Verpflichtungen befinden, schwieriger ist als für uns Weltenbummler. Ich kann euch nur empfehlen, hin und wieder innezuhalten, den Moment wie er sich gerade zeigt, wahrzunehmen und weder an Vergangenem herumzustudieren noch Zukünftiges zu planen.
Versucht wieder einmal etwas zu tun, nur des Tuns wegen. Ohne einen Gedanken an ein allfälliges Resultat. Denn dies ist meines Erachtens eine tolle Möglichkeit, um in den Genuss des sagenumwobenen Hier-und-Jetzt zu kommen.
Ihr werdet euch damit einige wundervolle Minuten schenken!
Danke vielmal für diesen inspirierenden Text!! Auch ich bin das Leben im "Hier und Jetzt" immer wieder am üben. Am besten gelingt es mir auf dem Velo, wenn beim Berghochfahren in meinen Flow-Zustand gelange!! Ein wunderschönes Gefühl. Mit sonnigen Grüssen aus dem Goms zu euch - Cristina😘