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Die 24/7-Beziehung


Jaaaa, endlich ist es soweit - das lang ersehnte Thema «die 24/7-Beziehung» findet ihren Weg in den Blog!

Die ersten Zeilen dazu entstanden tatsächlich bereits im Sommer 2022. Zugegeben fehlte es dann jedoch irgendwie an Motivation, das Ganze zu Ende zu bringen. Aber gut Ding will bekanntlich Weile haben…

Als wir kürzlich hier in Paros ein Pärchen kennenlernten und deren erste Frage war: «wie ist es, 24/7 zusammen zu sein?», wurden wir daran erinnert, wie sehr dieses Thema die Menschen interessiert. Es ist wohl die häufigste Frage, die uns seit Beginn unserer Reise gestellt wird.

Auso hopp dr Bäse und schrib mau fertig!


Damit es auch für uns selber spannend bleibt, werden wir die gegenseitigen Texte erst mit der Veröffentlichung des Beitrags lesen.


Caro

Ich weiss gar nicht, wie oft wir schon gefragt wurden, wie das so ist. Wie das so ist als Paar wirklich 24 Stunden, sieben Tage die Woche, zusammen zu sein. Wir selbst haben im Vorfeld, während der Planung unserer Reise, immer wieder darüber geredet. Wir haben darüber geredet, wie wir es uns vorstellen, Tag und Nacht immer zusammen zu sein; wir haben uns vorgestellt, wie wir uns gegenseitig Raum geben können; wir haben darüber sinniert, was das ewige Zusammensein mit uns machen könnte. Und nun ist es schon weit über ein Jahr so, dass wir ununterbrochen zusammen sind - und es ist anders, als gedacht.


Im Vorfeld haben wir beide immer wieder davon geredet, dass wir Zeit für uns brauchen. Wir haben Lösungen dafür gesucht, wenn mal jemand von uns einfach für sich sein möchte - beispielsweise, dass wir ab und an in einem gewissen Abstand loslaufen, so dass Jede von uns auch mal einen Tag ohne die Andere verbringen kann. Oder aber, dass wir die Ruhetage unabhängig voneinander gestalten und uns nur Abends im Zimmer/Zelt sehen. Vielleicht, so dachten wir, müssten wir auch mal eine Woche "getrennte Wege gehen". Das aller Wichtigste dabei, da waren wir uns von Anfang an einig, ist es, offen über diese Bedürfnisse reden zu können und entsprechend zu handeln.


Soweit die Theorie. In der Praxis durfte ich nun feststellen, dass mir das Zusammensein bisher in keinster Weise zu viel wird. Wir verbringen Tag und Nacht zusammen, und das ist auch gut so! Wenn wir unterwegs sind, gibt es Tage, an denen wir ununterbrochen quasseln, rumalbern und lachen. Es gibt Tage, da philosophieren wir, sprechen über Gott und die Welt, über Weltenschmerz und ernste Themen. Es gibt Tage, an denen schweigen wir - wir schweigen uns jedoch niemals an; wir schweigen zusammen. Jede in ihre Gedanken versunken, Jede für sich, und doch zusammen. Manchmal sind wir jeweils in unser Hörbuch oder unsere Musik vertieft. Und das darf sein, nein das muss sein; und dennoch sind wir zusammen unterwegs, zusammen im Hier und Jetzt. Aus meiner Sicht haben wir eine unglaubliche Balance gefunden, ganz automatisch; miteinander, füreinander, Jede für sich und trotzdem vereint zu sein; und das jeden Tag, 24 Stunden.

Wir kennen uns mittlerweile so gut, dass wir untereinander manchmal gar keine Worte mehr brauchen. Wir sehen einander an, ob es dem Gegenüber gut geht, ob sich die Andere wohl fühlt - beispielsweise bei der abendlichen Zeltplatzsuche - und das wichtigste: Wir nehmen einander ernst. Ich denke, das ist eines der Geheimnisse, weshalb das Zusammensein auch bei 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche so gut funktioniert. Wenn jemand von uns sich an einem Ort, in einer Situation, mit einer Gegebenheit nicht wohl fühlt, suchen wir nach Alternativen. Wir gehen achtsam miteinander um, wir achten gegenseitig auf unsere Bedürfnisse und sind komplett ehrlich zueinander.


Das ist vermutlich auch eines der Geheimnisse, wie wir es schaffen, non Stop zusammen zu sein, ohne dass unsere individuellen Bedürfnisse zu kurz kommen: Pure Ehrlichkeit und Offenheit.

Und damit meine ich WIRKLICH offen und ehrlich zu sein. Wir reden über unsere Gefühle, Gedanken und Ängste - selbst über die, die sonst keiner kennt. Und, so unromantisch das klingen mag, mittlerweile reden wir wenn es uns belastet auch über Dinge wie Verstopfungen oder Durchfall, ungefiltert und ohne Scham über unsere Ängste und Sorgen, über einfach Alles, egal wie persönlich es sein mag - denn diese Faktoren beeinflusst unsere Laune, unsere Fitness und unser Gemüt tagtäglich.

Wir haben es geschafft, einen so ehrlichen Umgang zu pflegen, dass wir uns Alles sagen, aber auch Alles anhören können. Wir haben uns in diesen mittlerweile über eineinhalb Jahren nicht ein einziges Mal gestritten, und ich bin ziemlich sicher, dass dies auch so bleibt.


Versteht mich nicht falsch: Wir sind nicht zu einem der Päärchen geworden, die gegenseitig die Sätze des anderen beenden, sich in Allem einig sind und wie eine untrennbare Verschmelzung aneinander kleben und nun immer Alles zur Pärchensache wird. Gott bewahre! Wir sind längst nicht in Allem einig - wir können jedoch gut auch über die Differenzen in der Weltanschauung diskutieren und versuchen, den Blickwinkel des Anderen zu verstehen. Und das ist eine unglaubliche Qualität in einer Lebens- und Reisepartnerschaft.


Ich bin unendlich froh und dankbar, funktioniert unser extrem nahes Zusammenleben so gut und bin stolz, mein Leben mit Jasmin teilen zu dürfen und gemeinsam die Welt zu erkunden. Ich könnte mir keine bessere Lebens- und Reisepartnerin vorstellen.


(Natürlich kleben wir jetzt, in der Winterpause mit einem fixen zu Hause, nicht non Stop aneinander und es hat absolut auch seine Qualität, mal wieder was alleine zu unternehmen - ich freue mich aber jeden Tag, wenn Jasi vom Joggen heim kommt & auch jetzt verbringen wir viel Zeit zusammen.)



Jasmin

Auf all das Ungewisse und die Unsicherheiten unser Reise konnte ich mich im Vorfeld mit einer heiteren Entspanntheit freuen, doch dieser 24/7-Umstand löste tatsächlich ziemliches Bauchgrummeln aus. Ich bin ein Mensch, der sehr viel Zeit für sich braucht, sich gerne zurückzieht, sich für eine Weile ohne Ablenkung ausschliesslich auf sich selbst konzentriert. Mein Wohlbefinden geht oft mit einer freiwilligen Einsamkeit einher.

Viele Gedanken haben mich rund um dieses Thema im Vorfeld beschäftigt. Wird es möglich sein, ein Mindestmass an Privatsphäre, welches selbst in der harmonischsten Beziehung notwendig ist, zu ermöglichen? Werde ich mein Bedürfnis nach der freiwilligen Einsamkeit befriedigen können? Werden wir uns ab einem gewissen Zeitpunkt womöglich auf die Nerven gehen? Werden wir mit unseren persönlichen Mätzchen, die sich erst unter solch intensiven Bedingungen offenbaren, gegenseitig zurechtkommen?

Um ab und zu etwas Zeit für uns zu haben, hatten wir die glorreiche Idee, an einigen Tagen alleine zu wandern und einen abendlichen Treffpunkt zu vereinbaren. Unterwegs hat sich dieser Plan jedoch als utopisch herausgestellt. In der Praxis lässt sich diese tolle theoretische Vorstellung einfach nicht umsetzen.

Also haben wir uns einfach hineingegeben in das ständige Zusammensein. Ohne weiter darüber nachzudenken, einfach einmal erforschen, erleben, erfahren und schauen was passiert.

Während den ersten Monaten war alles so neu und aufregend, dass jegliche Einsamkeitssehnsucht aussen vor blieb. Doch irgendwann kam es natürlich zurück mein altbekanntes Bedürfnis und kitzelte mich hin und wieder ein bisschen. Ach herrje, was fange ich nun damit an?

In meiner inneren Welt begann dadurch eine spannende Zeit…

Ich fragte mich, warum es mir so enorm schwer fällt, mein Bedürfnis zu äussern. Warum entstehen so viel Angst und Scham schon nur beim gedanklichen Durchspielen? Es war an der Zeit und die beste Gelegenheit, mein Verhalten, meine Gedanken und Emotionen eingehend zu betrachten.

An Caro kann es definitiv nicht liegen. Sie reagiert stets mit viel Toleranz und würde mir niemals im Weg stehen. Unsere Diskussionen über meine persönlichen Erkenntnisse trugen viel Wertvolles sowohl für mich als auch fürs weitere Gemeinsame bei. Interessanterweise hat sich daraufhin das Verlangen nach dem Alleinsein auf ein Minimum reduziert.

Was ist unser Geheimrezept? Ehrlich gesagt haben wir keines :). Wir haben ein riesiges Glück, dass wir beide sehr ähnlich ticken, grundsätzlich mit vielem ohnehin einverstanden sind und das meiste identisch entscheiden. Neben dieser kostbaren Basis, versuchen wir aber auch, stets Rücksicht zu nehmen. Wenn die eine nicht fit ist, die andere aber genau an diesem Tag Bäume ausreissen könnte, ist es selbstverständlich, dass wir nur eine kurze Distanz wandern. Oder sollte sich die eine bei einem Zeltplatz unwohl fühlen, ziehen wir ohne Diskussionen weiter - egal wie spät es ist.

Glücklicherweise sind wir zudem beide von der bedingungslosen Liebe überzeugt und haben somit keinerlei Ambitionen, die andere zu verändern. Natürlich hat auch Caro ihre Allüren (geschweige denn von mir!). Doch in den Momenten, in denen mich ein Verhalten nerven könnte, muss ich mir nur ihre unzähligen positiven Eigenschaften ins Gedächtnis rufen und schon erfüllt sich mein Herz mit Wärme und ich kann das Mätzchen als Teil ihrer Persönlichkeit wohlwollend annehmen. Zumindest meistens… :)

Wenn wir erwähnen, dass wir in den vergangenen 1.5 Jahren nicht einmal einen Streit hatten, ernten wir durchwegs ungläubige Blicke. Doch für uns beide ist das beinahe eine Selbstverständlichkeit. Wir lieben beide die Harmonie und mögen weder den Streit noch die Emotionen, die er auslöst. Warum sollten wir dann also streiten?

Es wäre aber natürlich gelogen wenn wir behaupteten, niemals Meinungsverschiedenheiten zu haben. Ja, dabei können wir uns auch mal ein bisschen anzicken.

Kochen die Emotiönchen in einer solchen Situation hoch, bemühe ich mich, noch bevor weitere automatische Reaktionen aufkommen, kurz innezuhalten, das Gefühl wahrzunehmen und mich zu fragen, ob dieser Zicken-Reflex nun tatsächlich hilfreich ist. Da ich dies ausnahmslos immer mit Nein beantworten kann, erübrigt sich jede weitere Reaktivität.

Nach einer kurzen Schweige- und Nachdenkzeit teilen wir einander unsere Standpunkte mit und schaffen im besten Fall gegenseitiges Verständnis. Auch wenn Letzteres nicht immer klappt, können wir das Gezicke meist mit einem Lachen beenden.

Sich selbst nicht allzu wichtig zu nehmen und alles mit einer gesunden Portion Humor zu betrachten, ist sicherlich ein weiterer hilfreicher Bestandteil einer funktionierenden (24/7-) Beziehung.


So, nun bin ich gespannt, ob unser harmonisches Gemeinsames auch nach dem gegenseitigen Lesen fortbesteht :)

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