Das erste Mal auf unserer Reise liessen wir uns tatsächlich einmal verunsichern. Nach unserer Tagesetappe fragten wir ein bisschen im Dorf herum, ob jemand einen Zelt-Tipp hat. Mehrere Male wurden die Hände verworfen „pericolo, pericolo!“. Sie rieten uns davon ab, an diesem gefährlichen Ort zu zelten. Da wir ohnehin nie in einem Dorfzentrum bleiben, sondern stets ausserhalb einen Platz suchen, liefen wir noch ein Stück weiter. Etwas ausserhalb riet man uns, in Richtung Fluss zu gehen. So vergingen weitere zwei Stunden, die Dämmerung brach bereits langsam ein und unsere Füsse wollten doch eigentlich schon lange hochgelagert werden. Irgendwann trafen wir auf ein Schützenhaus - es waren sogar noch Leute da - fragen! Das Spiel wiederholte sich. Wir sollten nicht hier bleiben, weil… pericolo!
Wie um alles in der Welt kann es an einem so verschlafenen, hübschen Ort gefährlich sein? Wir konnten es nach wie vor nicht glauben, waren aber weiterhin irritiert.
Wir fanden uns bereits damit ab, die Strategie zweier deutscher Weitwanderer, welche wir vor einigen Tagen kennenlernten, anzuwenden. Sie laufen manchmal so lange bis sie einfach nicht mehr können und bauen dann komplett erschöpft das Zelt irgendwo auf - egal wie es da gerade aussieht.
Eine letzte Chance - einer der Schützen erwähnte ein Restaurant in der Nähe. Was von weitem wie eine Ruine aussah, stellte sich näher betrachtet doch als ausserordentlich hübsches, aber geschlossenes… Restaurant heraus. Es würde jedoch nicht in unsere von Glück geprägte Geschichte passen wenn nicht gerade in diesem Augenblick ein Bauer auf seinem Traktor angefahren gekommen und dieser nicht auch gleich noch der Besitzer des Restaurants gewesen wäre.
Auf die Frage, ob wir unser Zelt im Garten aufstellen können, kam ein absolut selbstverständliches „naturalemente!“ zurück. Noch während des Aufbaus kam er mit seiner englischsprechenden Tochter zurück, die uns erklärte, dass sie das Restaurant für uns öffnen, damit wir Tische und WC benutzen können. Wir freuten uns so sehr und sie freuten sich ihrerseits über unsere unermessliche Freude - ein wahres Freude-Pingpong 😄
Wir wollten gerade unser Abendessen zubereiten als dann plötzlich die Frau des Bauern auftauchte. Wir sollten unbedingt mitkommen und ihr selbstproduzierter Prosecco probieren. Auch als Selten-Trinkerinnen mit leerem Magen waren wir sehr gerührt von der Einladung. Wie‘s herauskam…
Nach einer kurzen Nacht und pochenden Kopfschmerzen fühlten sich die 36 Grad noch etwas heisser an, die Sonne blendete greller, ein Kilometer erschien wie drei, der Schweiss rann noch stärker und die Rucksäcke wurden über Nacht mindestens fünf Kilo schwerer. Doch unser Dauergrinsen und die Erinnerungen an Eugenio, Fanny, Giulia, Jack und Nicola liessen die zusätzlichen Strapazen verblassen 🥰.
Wir haben daraufhin jedenfalls entschieden uns nicht mehr von irgendwelchen „pericolos“ beeinflussen zu lassen.
Ach ja, o?da kommen bei mir natürlich grad (Kindheits-)Erinnerungen hoch. Ich habe all meine Ferien (3x pro Jahr mind.) in Italien bei la famiglia Trusendi verbracht. Da gibt es kein NEIN, da isst und vor allem TRINKT man alles leer! Mein Ex-Mann (Velofahrer) könnte kein Lied davon singen, wenn er jeweils KEINEN Wein wollte, weil er am nächsten Tag eine Etappe fahren wollte und meine Onkel nur kopfschüttelnd meine: ma come non beve vino? (Aber wie, er trinkt keinen Wein?) Er ist NIE ohne zu trinken da raus gekommen... grins, grins, grins. Schön zu sehen, dass sich manche Dinge NIE ändern! Bella Italia