Ja wir tun's! Wir lassen die Hosen runter und sprechen nun einmal ganz offen über all die Dinge, die (wenn ihr ehrlich seid 😉) alle interessieren, sich aber nur die wenigsten trauen (v.a. in der Öffentlichkeit) zu thematisieren.
Eigentlich sehr schade! Denn während unserer Vorbereitungszeit hätten wir uns entsprechende Infos gewünscht. Wir haben alles - jeden Blog, jeden Artikel, jedes (Hör-)Buch und jeden Podcast - regelrecht verschlungen. Und es war so viel tolles, inspirierendes und spannendes dabei. Doch über die "darüber-spricht-man-nicht-Themen" fanden wir höchstens in Weitwander-Foren oder Social-Media-Gruppen ein bisschen etwas.
Zugegeben, es fühlt sich auch für uns gerade etwas komisch an. Aber hey, keine falsche Scham, es gehört zum Menschsein und vor allem zum Outdoor-Leben dazu! In meinem Kopf summt übrigens gerade Mani Matters "wüu si Hemmige hei" vor sich hin...
Wie erledigt man seine kleinen und grossen Geschäfte ohne Klo?
Wir sind immer wieder erstaunt, wie wenig die Menschen diesbezüglich mitdenken. Es vergeht wahrscheinlich kein Tag, an dem wir nicht WC-Papier oder Nastücher in den Büschen finden. Leute, es dauert 3 - 6 Monate bis so ein Fetzen Papier verrottet ist!
Aber natürlich pinkeln auch wir regelmässig hinter einen Busch. Abgewischt wird allerdings mit unserem Bisi-Lumpen oder in Hipster-Neudeutsch "Pee-Rag" - einen Lappen, der an unserem Rucksack hängt und den wir bei jeder Möglichkeit auswaschen.
Das grosse Geschäft wird bitte auch nicht einfach am Wegrand erledigt! Das ist eklig und vor allem gefährlich für Tiere. Die ausgeschiedenen Verdauungsreste gehören vergraben, das benutzte Klopapier im nächsten Abfalleimer entsorgt. Kann man ja z.B. in ein Säcklein packen und an den Rucksack hängen bis der nächste Container auftaucht. Es gibt in Wandershops sogar eine zusammenfaltbare Kackschaufel. Dieses Zusatzgewicht ersparen wir uns aber und benutzen einen Hering.
Wie gehen wir mit der Menstruation um?
Das leidige, monatliche Frauenproblem lässt sich gerade gut anschliessen.
Wir haben einiges ausprobiert, um herauszufinden, wie wir uns während diesen Tagen am wohlsten fühlen. Caros Kompromiss sind Binden, weil der Hände-Intimbereich-Kontakt dabei sehr gering ist. Einzig während der extrem heissen Zeit war das keine Lösung.
Jasmin hingegen kann sich bis heute nicht mit Binden anfreunden und benutzt Tampons. Das grosse Problem dabei ist natürlich die Händehygiene. Doch da kommt Retterin Caro herbeigeeilt und spielt Wasserhahn. Nein, sie pinkelt ihr nicht über die Hände; wir opfern dafür jeweils von unserem heiligen Trinkwasser.
Das kennt wohl jede Frau: manchmal fühlt man sich während dieser Zeit einfach schmutzig und man sehnt sich nach einer Dusche. Sollten solche Momente aufkommen, gönnen wir uns - sofern möglich - eine Übernachtung in einem B&B, Hotel oder Apartment.
Allgemeine Körperhygiene
An so manches mussten wir (überverwöhnten Schweizer) uns erstmals ein bisschen gewöhnen. Die Dusche wurde sehr bald zum absoluten Luxus. Doch es gibt so viele Möglichkeiten, sich auch ohne Dusche sauber zu halten. Ein simpler Wasserhahn an einer Hauswand, ein Brunnen, ein Fluss, See oder sogar das salzige Meer sind bestens geeignet. Doch manchmal fehlt sogar all das und wir müssen nach schweisstreibenden Wanderungen ungewaschen in den Schlafsack.
Ja, diese Reise ist unser bester Lehrmeister bezüglich der Wertevorstellung "Annehmen was ist". Und dennoch gibt es einige Körperstellen, die wir partout nicht in diesem Zustand akzeptieren können. Deswegen sind Feuchttücher für Füsse, Achselhöhlen und Intimbereich stets mit dabei.
Zumindest die Hände versuchen wir jedoch regelmässig zu waschen. Abgesehen von den Momenten, in denen selbst das Trinkwasser knapp wird, spielen wir - wie bereits erwähnt - füreinander Wasserhahn mit unseren Trinkflaschen.
Körperhaare
Kennt ihr das Buch oder den Film "Der grosse Trip"? Die Szene, als ein erfahrener Langstreckenwanderer den 35-kg-Rucksack der Protagonistin Cheryl Strayed auseinandernimmt und alles Unnötige aussortiert, passt hervorragend zu unseren eigenen Erfahrungen. Er gräbt einen Rasierer aus und fragt mit belustigtem Gesichtsausdruck warum man sich in aller Welt beim Wandern die Beine rasiert. Tja, das sehen die einen von uns genau so, die anderen rasieren sich tatsächlich nach wie vor - sofern es die Gegebenheiten zulassen - die Beine...
Kleiderhygiene
Die Waschmaschine ist natürlich ein noch viel grösserer Luxus als die Dusche und das regelmässige Kleiderwaschen auf Reisen ein nicht zu unterschätzender Aufwand. Unsere Hochachtung vor den Frauen die früher - oder auch noch heute - sätmliche Wäsche mit Waschbrett von Hand schrubben!
Da wir mit minimaler Wechselkleidung unterwegs sind, können wir gewisse Kleidungsstücke jedoch ohnehin nur dann waschen wenn wir danach nicht weiterlaufen (wobei das Nacktwandern sicherlich auch seinen Reiz hätte...).
In der Praxis sieht die Wäscherei bei uns folgendermassen aus: im besten Fall finden wir abends einen Zeltplatz mit Wasser. So können wir nassgeschwitzte Unterwäsche und T-Shirt direkt nach Ankunft mit Wasser auswaschen und bis zum nächsten Morgen trocknen lassen. Ist das täglich und jeweils sofort möglich, ist nicht einmal der Einsatz von Seife oder Waschmittel nötig. Die Natur dankt es uns :-)
Ist beim Zeltplatz kein Wasser verfügbar, wird die Unterwäsche am nächsten Tag an den Rucksack gehängt und beim erstbesten Wasserhahn ausgewaschen. Das kann durchaus manchmal spannende Blicke auf uns ziehen :-)
Pilzinfektionen
15 Stunden täglich in den Wanderschuhen... Ein Paradies für Fusspilz! Gott sei Dank werden wir - obwohl's in Weitwander-Kreisen weit verbreitet ist - ziemlich verschont. Nur ganz zu Beginn der Reise, als die Schuhe und Füsse während Wochen permanent nass waren, kämpfte Caro kurze Zeit mit einem Fusspilz. Dank Canesten war dieser Spuk jedoch schnell vorbei. Dennoch machen wir uns immer einmal wieder Gedanken darüber und versuchen das Problem zu vermeiden, indem wir die Schuhe schnellstmöglich ausziehen und in die Flipflop schlüpfen, Socken selten länger als einen Tag ungewaschen tragen und die Schuhe regelmässig mit Desinfektionsmittel einsprühen oder Backpulver reinstreuen.
Infektionen durch Trinkwasser und/oder Lebensmittel
Da haben wir zum Glück noch nicht so viele Erfahrungen wie andere Reisende, die bereits durch Gefilde wie Indien reisten. Nichtsdestotrotz dürfen auch wir uns damit auseinandersetzen und mussten schon den einen oder anderen Schrecken verdauen.
Als wir mangels Alternative einmal Wasser aus einem See trinken mussten (selbstverständlich haben wir das Wasser gefiltert und mit Micropur versetzt) und daraufhin lange Zeit Probleme mit dem Magen hatten, befürchteten wir eine Infektion mit Helicobacter Pylori. Nachdem wir das negative Laborergebnis erhielten, verschwanden die Magenbeschwerden auch relativ schnell. Tja, unsere liebe Psyche...
Was man sich durch ungewaschenes Gemüse und Obst alles einfangen kann, ist vor allem mir durch meinen Beruf und die Zusammenarbeit mit vielen Betroffenen sehr bewusst und bin diesbezüglich entsprechend sensibel. Als ich vor einigen Monaten beim Vergraben meiner ausgeschiedenen Verdauungsreste (nun wisst ihr ja wie das funktioniert) vermeintliche Würmer entdeckt hatte, erschrak ich zunächst sehr. Die detaillierte Beschreibung und nachfolgende Diskussion mit Caro relativierte den ersten Schock jedoch ziemlich schnell. Denn es waren keine Würmer aus meinem Darm, sondern winzige Maden, welche ich durchs Buddeln in der Erde geweckt hatte.
Bettwanzen
Vor allem bekannt ist das Einschleppen von Bettwanzen aus einem Hotel über den Reisekoffer. Doch wusstet ihr, dass man sich die Dinger auch über Vogelnester einfangen kann? Tja, das war auch uns neu bis wir uns letzten Sommer wegen tagelang anhaltendem Juckreiz (über den Dauerjuckreiz von Mückenstichen hinaus) erkundigten, was die Ursache sein könnte. In der Natur leben die Wanzen vom Blut verschiedener Tiere und nisten sich in deren Nestern ein.
Wie oft haben wir unser Zelt unter Vogelnestern aufgestellt...
Alles 60°C gewaschen und die Schlafsäcke für 3 Tage in den Tiefkühler und das Problem war glücklicherweise schnell behoben.
So, nun wisst ihr alles was ihr nicht wissen wolltet und noch viel mehr. Nun seid ihr dran! Schreibt in die Kommentare was ihr noch nie jemandem sagen wolltet ;-)
Und stellt uns ungeniert weitere Fragen, die euch seit langem unter den Nägeln brennen!
Toll, dass ihr so offen über diese Themen sprecht. Das ist für viele Langwanderer gewinnbringend. Bestimmt fallen mir schon bald die nächsten Fragen ein - eventuell Inspiration für eine Fortsetzung? 😉
Alles Liebe aus der Schweiz! ❤️
Die „Haarige“ ist meine Nichte!!!
Der Trick mit dem Tiefkühler funktioniert auch mit den Schuhen, z.B. gegen Fussschweiss-Gerüche.
Ich bin nun bereit für unsere Wanderung zu 3
Das war ein offener und spannender Beitrag. Danke dafür! Knuddels aus Cape Town!😘